Das Politik-Dilemma
Gestern habe ich wiederholt Tweets und FB-Posts gelesen, die diesem hier sehr ähnlich waren:
Denke gerade darüber nach, wer von beiden der bessere Kanzler wäre: #Laschet oder #Söder – finde beide gerade nicht geeignet, der eine ist zu zögerlich und der andere mag Alleingang. Beides nicht gut, finde ich. Sich jetzt zu streiten ist kein guter Zeitpunkt #COVID19
— CS 🇪🇺🇺🇦#StandWithUkraine 💉💉💉 (@CSchulz_BW) March 22, 2020
Tenor:
Wer macht mehr für’s Land.
Dazu möchte ich was zu bedenken geben, nämlich das „Politik-Dilemma“.
Vorab: Ich persönlich glaube, dass schon die bis gestern geltenden Maßnahmen viel bewegt haben. Das mache ich an der „umgekehrten Aufmerksamkeit“ fest. Damit meine ich folgende: Zunehmend haben sich Menschen beschwert, einzelne Menschen auf der Straße gesehen zu haben. Das ist ein gutes Zeichen. Denn wir sehen ja tatsächlich nur die Menschen die sich draußen bewegen – nicht die Millionen, die es nicht tun. Die können wir nur indirekt sehen, wenn uns auffällt wie leer z. B. die Straßen sind.
Ob es so ist oder nicht würden wir frühestens in 2 Wochen wirklich messen können. Erste Auswertungen stimmen aber positiv:
Die Karte zeigt Bewegungsprofile von über 30 Mio. Handy-Nutzern, deren Daten anonymisiert wurden, und vergleicht den Stand vom 16. März mit dem vom 9. März. Je weniger die Menschen unterwegs waren, desto grüner die Darstellung.
📷 https://t.co/jswguyKu5u pic.twitter.com/DoLZEmlT4O— Sven Christian Seele🌻🏳️🌈🇪🇺 (@svenseele) March 21, 2020
Kommen wir jetzt zum Politik-Dilemma.
Es gibt zwei mögliche Szenarien für die Politik:
- Wir lassen die Maßnahmen so wie sie sind. Das Risiko ist, dass man uns in 2 Wochen, wenn die Zahlen nicht zurückgegangen sind, dafür lynchen wird, „untätig“ gewesen zu sein.
- Wir verstärken die Maßnahmen und im schlimmsten Fall kann man uns vorwerfen, überreagiert zu haben.
Also praktisch Laschet (1) gegen Söder (2). Nur wie würdet Ihr reagieren?
Das Problem ist, dass die neuen Regeln mindestens 2 Wochen gelten sollen. Das ist eine „lustige“ Formulierung, denn in den folgenden 2 Wochen wird das hier passieren:
Die Fallzahlen steigen massiv.
Aber höre ich Euch sagen, greifen denn die Maßnahmen nicht? Doch, tun sie. Nur:
- Jede heute getroffene Maßnahme wird frühestens in 10 Tagen Wirkung zeigen
- In Deutschland laufen jetzt großflächig Tests an. Das führt zu mehr bestätigten Fällen, weil viele Menschen ja schon krank, aber noch nicht „offiziell festgestellt“ sind.
Wenn Ihr jetzt Politiker wärt:
Wie würdet Ihr Euch entscheiden? Glaubt Ihr an das Gute im Menschen, unser Gesundheitssystem und die Wirksamkeit der bereits getroffenen Maßnahmen? Oder wollt Ihr Ergebnisse präsentieren? Wenn die zweite Frage von Euch mit Ja beantwortet wird, werden weitere Maßnahmen folgen. Wenn Ihr aber sagt: Die Deutschen sind klug genug, sich zu arrangieren, kann es erst mal bleiben wie es ist.
Wer Recht hat, sehen wir aber realistisch erst in einem Monat. Es ist halt ein Dilemma.
Ein Gedanke zu „Das Politik-Dilemma“
Hi,
ich bin der erstere Typ. Ich glaube an das Gute im Menschen. Würde mich aber nicht darauf verlassen wollen. Und würde als Politiker eine Belohnung in Aussicht stellen. Z.B.: Nach Corona überdenken wir unsere Wirtschaft. Und Ja…Geld ist nicht weg… wir werden es zukünftig sozial verwenden….
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