Dein Geld? Nein danke!

Dein Geld? Nein danke!

Vor einigen Tagen erst war ich wieder mal in eine Diskussion verstrickt, in der ich versucht habe zu verdeutlichen, dass Amazon eher Symptom als Ursache vieler Probleme ist. Wobei Amazon hier sinnbildlich als der Einkauf im Internet steht. Und ja, wir wissen alle, dass Amazon insbesondere im Umgang mit Mitarbeitern und Mitbewerbern ein ziemlich mieser Laden ist. Aber darum ging es nicht.

Es ging mir, wie so oft, darum, dass der Einzelhandel oftmals versäumt hat, sich auf wandelnde Lebenswirklichkeiten und Kundenbedürfnisse einzustellen. So bin ich z. B. der Klassiker, dem Läden die um 18 Uhr schließen, nicht helfen. Ich habe auch schon versucht, konstruktive Vorschläge zu machen, wie „Pick-up-Stores“*). Leider ist es manchmal alles nicht so einfach.

Und dann passieren so Dinge wie heute, die mich einfach ratlos machen. Ich war unterwegs und hatte noch im Kopf, dass ich eine neue Fahrradhose brauche. Da ich eh unterwegs war, dachte ich: Holste in einem Sportgeschäft, nicht im Internet. Und da gerade ein Fachhändler in der Nähe war, der zwar eine teure Marke vertritt – mir aber dennoch sympathisch ist, bin ich mal kurz hin.

Dem Verkäufer geschildert was ich möchte. „Ham wa nicht“. Ah okay. Kann passieren. Und jetzt kommt das „Amazon-Problem“, denn als Kunde erwarte ich jetzt, folgenden Satz zu hören: „Ich schreib mir mal Deine Nummer auf und ruf Dich an, wenn wir Hose X wieder da haben. Ggf. schicke ich Dir die dann auch“. Das hätte ich erwartet, weil der Laden mich als Kunden möchte und seine besondere Stellung aus dem Dienst am Kunden bezieht.

Gehört habe ich: „derzeit Lieferschwierigkeiten, können wir eh nur ein Mal im Jahr bestellen“. Das ist schon dreist. Zum einen war ich selber lange Jahre im Einzelhandel tätig und das es Dauerartikel gibt, die man nur ein Mal im Jahr bestellen kann, daran zweifel ich einfach mal. Zum anderen fehlte jede Bereitschaft, sich um mich als Kunden zu bemühen. Der sich schon auf den Weg zu mir gemacht hat. Der bereit war, den Aufpreis für ein gutes Ladenlokal und kompetente Beratung zu zahlen.

Und ja, natürlich gibt es keine Knappheit auf dem Markt. 2 Minuten später hatte ich für weniger Geld inklusive Nach-Hause-Lieferung den begehrten Artikel bestellt. Das Problem für den Händler vor Ort? Es ist sehr unwahrscheinlich, dass ich jemals wieder dort versuche ein Kleidungsstück zu kaufen.

Das lässt mich wieder an die Amazon-Diskussion denken. Und es macht mich traurig. Denn wenn genügend Kunden bei dem Händler die gleiche Erfahrung machen wie ich, wird es den Händler absehbar nicht mehr geben. Es wird dann aber nicht heißen, dass der zu gemacht hat, weil er einfach an seinen Kunden vorbei gehandelt hat. Sondern es wird heißen:

„Wieder ein Opfer der ganzen Online-Geschäfte“.

 

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*) Meine Idee damals war, dass es an zentraler Stelle einen Laden gibt, den die Menschen nach der Arbeit anfahren. Und wo die Dinge liegen, die man online oder telefonisch beim lokalen Händler bestellt hat. Ich stoppe ein Mal und hole eine Einkaufstasche mit Lebensmitteln, das bestellte Buch, ein rezeptfreies Medikament und die Hemden aus der Reinigung ab. Das wär schön 🙂

Überhaupt wäre mehr Digital toll. Das gilt nicht nur für die Bestellung von Waren, sondern auch und besonders für die Bezahlung.

 

2 Gedanken zu „Dein Geld? Nein danke!

  1. Ich habe den Fachhandel vor Ort nie gemocht. Kleine Klitschen, in denen man ungewollt angelabert und ständig beobachtet wird. Letzteres wird man zwar auch bei Amazon – aber man bekommt es nicht mit. Insgesamt ist das Onlinegeschäft ein Segen für mich. Und da kriegen auch die kleine Künstlerin oder der lokale Kafferöster ihren Anteil – die Shop- und Payment-Systeme sind mittlerweile einfach und günstig genug geworden.

    Amazon ist immer schnell und billig verteufelt, aber komischerweise kriegen sie nach wie vor jedes neue Lagerhaus schnell bemannt. Und auch die stets theatralisch zu Weihnachten durchgeführten Streiks haben noch nie zu einer Verzögerung geführt. Tja, sind wohl doch noch genügend Mitarbeitende zufrieden.

    Was es vor Ort braucht sind kulturell-gesellschaftliche Erlebnisse und Gastronomie. Handel ist einzig noch als bewusster Brückenschlag und Netz interessant – Window-Shopping mal positiv.

  2. Kann ich nur bestätigen und von einem ähnlich gelagerten Fall berichten.

    Meine Frau wollte vor einiger Zeit Schuhe kaufen. Ich empfahl ihr, den hiesigen Dealer zu besuchen. Lokale Wirtschaftsförderung. Wissen schon.

    Ihre Größe war nicht vorrätig, das Modell grundsätzlich schon. Sie fragte, ob man ihr die gewünschte Größe bestellen könnte.

    Antwort des Verkäufers: „Das ginge schon. Dauert aber. Bei Amazon ginge es aber viel schneller.“

    Tja… lieber Einzelhandel. Selbst schuld. Was soll man dazu noch sagen. Ich war wirklich sprachlos.

    Letztendlich gibt es den Schuhladen nicht mehr. Aber auch bei uns ist der Gang in ein Fachgeschäft eher zur Seltenheit geworden. Genau aus obigen Gründen. Meine persönliche Meinung ist, dass viele Einzelhändler vor dem Onlinehandel resigniert haben bzw. die Zeichen der Zeit immer noch nicht erkannt haben.

    Und ehrlich… was soll ich in einer Einkaufsstraße, wenn dort immer nur die gleichen Ketten zu finden sind. Von Individualismus ist da nichts mehr zu spüren. Leider.

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