Die Welt erobern – nur ohne Krieg?
Nach 2 Weltkriegen mit Millionen und Millionen an Toten wissen wir: Krieg ist kein adäquates Mittel, um die Welt zu erobern. Gibt es denn eine Alternative?
Vielleicht. Und vielleicht erleben wir gerade, wie eine Nation Stück für Stück ihren Einfluss über die ganze Welt ausbaut. Und für mich fühlt sich das alles inzwischen sehr dystopisch an. Auch weil ich mir schon länger die Frage stelle, wie Politik damit umgeht. Denn ich bin ja bei Weitem nicht der Einzige, der sich hier was zusammenreimt.
Innenpolitisch ist es natürlich spannend und auch bedrohlich, wie die kommunistische Partei in China die Menschen unter Kontrolle hält. Für mich als Nerd ist das vor allem an den Stellen bemerkenswert, in denen IT zum Einsatz kommt. Zum Beispiel beim Social Scoring, also einem automatisierten Punktesystem, dass Menschen belohnt, die sich „konform“ verhalten und jene bestraft, die das nicht machen. Das kann dazu führen, dass man von bestimmten Verkehrsmitteln, Bildungsangeboten oder gar Wohnungen ausgeschlossen wird. Das mathematische Verfahren, dass über das Leben bestimmt, ist natürlich streng geheim (hallo Schufa, erinnert Dich das an was?).
Und damit nicht genug, erschreckt China jetzt mit einer neuen Automatisierung: Ab sofort können „Gerichtsprozesse“ (in Anführungszeichen, damit klar ist, dass die nicht mit Prozessen in Rechtsstaaten verglichen werden können) komplett Autonom verlaufen. Dafür hat man eine künstliche Intelligenz programmiert, die man mit „realen“ Fällen trainiert hat. Dieses System ist nicht nur in der Lage die Prozesse durchzuführen – es entscheidet sogar schon, wann und gegen wen es überhaupt welche Anklagen erhebt. Beispielsweise auch in Fällen, die durch das Social Scoring ausgelöst werden.
Aber nicht nur nach Innen baut die kommunistische Partei ihre Macht und Kontrolle immer weiter aus. Das sieht man z. B. daran, dass China große Flächen an Land in Afrika aufkauft. Das soll zum einen die Versorgungssicherheit Chinas stärken. Schwächt aber natürlich zum anderen die Versorgung vor Ort massiv. Es vergrößert aber auch auf ganz legalem Weg die Fläche des Staates um Enklaven in anderen Nationen. In einem Ausmaß, dass sich kaum beschreiben lässt.
Doch China wäre nicht China, wenn sie nicht auch ökonomisch Macht weiter ausbauen würden. Sie überfluten ja schon lange den Weltmarkt mit billigsten Waren, für die es eine intensive Luft- und Wasserlogistik braucht. Hier ist der Einfluss von China aktuell eher gering. Was bietet sich da besseres an, als eine „Neue Seidenstraße“ zu etablieren. Dabei handelt es sich, vereinfacht, um eine Zugstrecke von China bis Duisburg. Ein solches Projekt kann für die Anrainerstaaten Vorteile bringen, die sich solche Mammutprojekte oft nicht leisten können. Hier springt China mit „billigen“ Krediten ein, über die es sich massiven politischen Einfluss auf die betroffenen Länder sichert.
Parallel dazu hat China eine Strategie gestartet, die Menschen und Länder weltweit möglichst erfolgreich digital zu erfassen. Als Paradebeispiel dafür dient z. B. auch TikTok, die derzeit populärste und wohl auch dystopische Social-Media-App. Hierüber erhält China Zugriff aus sensible Daten von Milliarden von Menschen und deren Smartphones. Es braucht aber nur wenig Phantasie, dass China sich damit nicht zufrieden geben wird. Stellen wir uns nur ein KI-Projekt vor, dass die Bilder von Milliarden von Usern archiviert und analysiert – insbesondere auch die Hintergründe und Landschaften. Zusammen mit Sprache und Text kann China so still und heimlich die ganze Welt kartographieren und über weiche soziale Taktiken auf die Menschen einwirken.
Und wenn das mit sanftem Druck nicht funktioniert? Dann kann man auch schon mal die Muskeln spielen lassen: Selbst an deutschen(!) Universitäten versucht China ohne Scham Einfluss darauf zu nehmen, was wann wie und wo gelehrt wird. Und das China bestimmte Inhalte im In- und Ausland massiv unterdrückt, wissen wir nicht nur vom Tian’anmen-Massaker.
China ist also dabei, wirtschaftlich und politisch seinen Einfluss über die ganze Welt weiter auszubauen. Dafür nutzt es die Mechanismen, die der „freie Markt“ praktisch aufdrängt und seine massive Finanz- und Wirtschaftskraft. Die „westliche“ Politik scheint keine Antwort darauf zu haben oder die Gefahren nicht ernst genug zu nehmen. Oder in Teilen schon selbst nicht mehr handlungsfähig zu sein, weil man sich wissentlich und willentlich von China abhängig gemacht hat.
Und so kommen wir zurück zur Eingangsfrage: Gibt es eine Möglichkeit, die Kontrolle über große Teile der Welt zu erlangen, ohne Krieg zu führen? Die Antwort kennen wir noch nicht, aber wir können China dabei beobachten, wie es genau das probiert.
Wer weiß? Vielleicht führen wir dann auch absehbar Social Scoring-Systeme und KI-gestützte System in der Rechtsprechung ein. Das würde zumindest die Überführung in ein anderes, deutlich düsteres System vereinfachen. Oder wir denken einfach an das, was gerade in China passiert, wenn wir über (automatisierte) Überwachung und Entscheidungsfindung sprechen. Und vielleicht sprechen wir auch endlich mal über den Elefanten im Raum?
2 Gedanken zu „Die Welt erobern – nur ohne Krieg?“
Hallo Stefan,
gerne komme ich Deinem Wunsch nach und kommentiere mal in Deinem Web-Blog und nicht auf Facebook. Es kommen im wesentlichen zwei Dinge zum Einsatz: Wirtschaftswachstum inklusive Ausbau der Infrastruktur, damit es den meisten Menschen gut geht und ein allgemeines Wohlbefinden hergestellt wird. Und als zweites die uneingeschränkte Kontrolle der Regierung über die Datensammlung, Datenverarbeitung und Informationsweiterleitung. Hinsichtlich der IT musst Du auf jeden Fall ergänzen, dass beispielsweise Facebook, WhatsApp und Google mit technischen Hilfsmitteln unterdrückt werden und ohne VPN nicht funktionieren. Ersatzweise gibt es dann staatlich kontrollierte Messenger-Dienste, Social-Media-Plattformen, You-Tube-Ersatz, Entertainmentprogramme und den Alleskönner „WeChat“. Der hat es echt in sich. All diese Programme funktionieren übrigens weltweit. Insofern kann ich Deine Frage eindeutig mit „Ja“ beantworten, dass eine weltweite Einflussnahme ohne Krieg zu führen, möglich ist. Das Militär bzw. die Polizei, die einen solchen Einfluss auf Dauer sichert, wird erst in einem schleichenden Prozess zum späteren Zeitpunkt aufgebaut und etabliert. Fertig ist die Eroberung.
Das hast Du vollkommen Recht. Insbesondere WeChat ist ja bemerkenswert, da es social media, payment und vieles mehr in einer App abdeckt. Gruselig.
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