Hawaii
Vor ein paar Monaten hatte ich das große Glück, einige Zeit auf Madeira zu verbringen – angeblich das Hawaii Europas. Ob das stimmt, wollte ich prüfen 😉
Eine Reise nach Hawaii ist etwas, was man aus Deutschland heraus wohl nur ein einziges Mal in seinem Leben macht. Schon wegen einer Reisedauer, die zwischen 25 und 35 Stunden liegt. Viel weiter geht geht eigentlich nicht. Und wenn man sowas macht, muss es sich ganz besonders lohnen, nicht wahr? Hat es sich doch, oder?
Tatsächlich ist Hawaii ein Ort, wie ich keinen zweiten kenne. Die Lage zwischen Asien und Amerika macht es zu einem Schmelztigel der Nationen und, wenig überraschend, am meisten Vertreten sind Einflüsse Polynesiens, aus Amerika, Japan und (Süd-)Korea. Eine solche Mischung findet man wohl kein zweites Mal auf der Welt.
Dazu kommt, dass die Inseln, die zu Hawaii zählen, sehr unterschiedlich in ihrer Art sind. Von hellen Sandstränden über grüne Urwälder bis hin zu kargen Marslandschaften findet man alles. Und steht man eben noch auf Meereshöhe, ist man im nächsten Moment 3.000 Meter über dem Meeresspiegel. Dabei irritieren die Eindrücke, die sich im Minutentakt abwechseln: Standest Du eben noch auf einem mehrspurigen Highway im Stau, bis Du kurz darauf an einem menschenleeren Strand.
Das war übrigens durchaus nach meinem Geschmack: natürlich fand man die meisten Touristen am Strand von Waikkiki. Aber fuhr man nur ein Stück nach Norden, wurde es immer ruhiger und leerer 🙂 Eine überaus überdenkenswerte Entscheidung war übrigens, für Weihnachten 23 und den Jahreswechsel nach 2024 dorthin zu reisen. Schon bei der Buchung der Flüge hätte mir auffallen können, dass das nicht die ruhigste aller Zeiten ist: Offensichtlich reist jeder Amerikaner, der nichts besseres zu tun hat, zu der Zeit nach Hawaii 😉
Die Amerikaner sind übrigens eine Geschichte für sich. Ich mag da in meiner Erwartungshaltung eine Vorprägung gehabt haben, aber dennoch: Neben unzähligen sehr netten, offenen und kommunikativen Menschen trifft man vor allem auf viele, für mich zu viele, Anhänger von America First. Gerne nach außen getragen mit der Gadsen Flag oder T-Shirts mit dem Spruch „wenn Dir meine Flagge nicht passt, helfe ich Dir packen“. Es ist nicht so sehr die Tatsache, dass jeder Amerikaner praktisch alles sagen darf und das auch macht, als das man an einem Ort, an dem so viele Kulturen gemeinsam leben, so offenen Rassismus trifft. Und ja, das gelebte „America first“ bedeutet halt auch, dass es Menschen gibt die glauben, dass erst die Amerikaner aus dem Flugzeug steigen dürfen und dann die Touristen 😉
Was jetzt nicht ganz so schön war: Hawaii ist extrem teuer. Zwar gibt es dort mit knapp 17$ einen für die USA sehr hohen Mindestlohn. Der realtivert sich aber wenn man weiß, dass eine Kugel Eis 6$ kostet. Und das ist ungefähr die Höhe des, in den USA vom normalen losgelösten, Mindestlohn für Servicekräfte. Das bedeutet also, dass einem auch immer und überall klar gemacht wird, dass man bitte 20-30% Trinkgeld geben möge. Meist sind Stufen wie 22, 25 und 28% schon auf der Rechnung vorausgerechnet. Verbunden damit, dass i.d.R. die Preise ohne Steuern angegeben werden, muss man einfach hinnehmen, eigentlich vorher keine Ahnung zu haben, was man hinterher bezahlen wird. Es wird auf jeden Fall viel sein.
Die hohen Preise und inseltypisch weniger zahlreichen Jobs führen dann auch zu einer deutlich sichtbaren Armut. Wer nach Hawaii reist, wird in den Städten Menschen in Zelten in Parks leben sehen. Ebenso gibt es eine sehr offene Drogenszene. Das mag auch ein wenig in die Mentalität der Amerikaner passen, die ja nach wie vor wenig von Sozialsystemenen halten wie wir sie kennen und viel von Eigenverantwortung. Aber die Menge der vollkommen verarmten Menschen unter all den gut betuchten Touristen und den dort lebenden Menschen ist schon beachtlich.
Und so spannend Hawaii auch ist und war, ist mein Fazit am Ende doch, dass mit Madeira deutlich besser gefallen hätte. Und setzt man den CO2-Fußabdruck (der auch für Madeira schon beachtlich ist), die Kosten und den Aufwand in Relationen kann ich am Ende eigentlich nur sagen, dass ich eher Madeira empfehlen würde, wenn man Urlaub machen will. Um aber die Welt zu erleben und vor allem Kulturen zu erleben, ist Hawaii ein absolutes Abenteuer.