Närrisches Treiben: Ist das noch Politik oder schon Karneval?

Närrisches Treiben: Ist das noch Politik oder schon Karneval?

Vor ein paar Tagen habe ich in einem Blogbeitrag geschrieben, warum ich denke, dass der, von der CDU und FDP unterstützte, Kandidat für das Bürgermeisteramt in Voerde seine Kandidatur niederlegen sollte. Das hat es auch in die Zeitung geschafft.

Für den Kandidaten ist das Thema schnell erledigt:

„Der Name Stefan Meiners schließt aus, sich damit auseinanderzusetzen“, kommentiert er.

Wobei „er“ Martin Scholz ist. Kann man so machen, zeigt halt, dass man keinerlei Argumente hat. Ok.

Der Artikel ist aber gleichwohl sehr, sehr spannend. Vor allem wegen des Endes. Hier befragt die NRZ nämlich die CDU Voerde und die macht zwei Dinge. Bzw. macht eines nicht und macht etwas anderes:

Der CDU-Vorsitzende Henning Stemmer verhehlt nicht, dass er die Ratsentscheidung zum Logistikpark wahrscheinlich nicht so wie Scholz kommentiert hätte. (…) Auch konstatiert Stemmer: Für die Stadtverwaltung würde sich, wenn alle Unterlagen vorliegen und alle Voraussetzungen erfüllt sind, bei der Genehmigung eines Bauantrages das Ermessen „auf Null“ reduzieren.

Das erste spannende ist,  dass die CDU hier im zweiten zitierten Absatz ganz klar sagt: Das was Scholz sagt, ist unrichtig. Denn er kann sich in das Bauvorhaben nicht einmischen, wie er es angekündigt hat. Und sie sagt im ersten Absatz, dass Scholz sich außerhalb des mit der CDU vereinbarten Sprachraums befindet.

Noch besser ist aber eigentlich, dass die CDU sich nicht vor ihren Kandidaten stellt. Sonder das Gegenteil macht: sie unterstellt ihm die fehlende Fähigkeit zur sachlichen und neutralen Betrachtung des Themas, wenn sie so zitiert wird:

Der CDU-Vorsitzende Henning Stemmer verhehlt nicht, dass er die Ratsentscheidung zum Logistikpark wahrscheinlich nicht so wie Scholz kommentiert hätte. Für ihn zeugt der erste Beitrag auch davon, dass „einige Emotion“ dahinter steckte.

Ein Mann, der seine Emotionen nicht im Griff hat, kann und darf m. M. n. natürlich nicht Bürgermeister werden. Weil er dann wohl eher emotional, statt kühl, sachlich entscheidet, sondern im Moment emotionaler Wallungen. Ein absolutes No-Go.

Martin Scholz hat allerdings auf Facebook ein paar Hardcore-Fans. Auch hier kann ich mich nicht des Eindrucks erwehren, dass es sich um eine Gruppe handelt, die eine gewisse Ähnlichkeit mit den Träger*innen roter Hüte hat. Eine, die mir dabei schon aufgefallen ist, ist E. Dickmann.

Sie hat es jetzt auch in die Zeitung geschafft. Und hier ist schon die Überschrift lustig:

„Karnevalistin kritisiert „Die Partei“ – aus diesem Grund“

Das ist eine süffisante Anspielung drauf, dass Martin Scholz „zufällig“ Vorsitzender des Voerder Karnevalvereins ist.

Für Frau Dickmann geht es um Folgendes:

Anstoß nimmt Elli Dickmann, die seit mehr als 30 Jahren Mitglied beim 1. Voerder Karnevalsverein (VKV), aber vielmehr an der weiterführenden Erklärung, die Zielinski abgegeben hat. Dabei geht es um das Engagement von Martin Scholz für das Brauchtum. Der 59-Jährige ist erster Vorsitzender des VKV – was Zielinski in der seiner Partei typischen Art aufgriff, sprich, mit einer Prise Satire garnierte. (…) „Eigentlich wird uns ja nachgesagt, wir seien eine sogenannte ,Spaßpartei‘, aber dennoch stellen die beiden Parteien einen Karnevalisten auf, also einen Spaßvogel. Das ist selbst uns zu unseriös.“

Und natürlich stellt sich die Frage, ob die Wahl der CDU und FDP eher die Geeignetheit von M. Scholz bewertet hat, eine Verwaltung zu führen, wofür es keinen Anhaltspunkt gibt. Oder die Frage seiner Popularität und Bekanntheit aus seiner Tätigkeit im Voerder Karneval heraus.

Und wenn man dann liest, was die Karnevalistin zur Verteidigung Ihres Anführers sagt, nämlich:

„Das kam nicht nur bei Elli Dickmann nicht gut an, wie sie im Gespräch mit der NRZ erklärt. Für Elli Dickmann, die betont, als Privatperson und nicht im Namen des VKV Stellung zu beziehen, hört sich diese Aussage Zielinskis „nach Diffamierung des Ehrenamtes an“.

… dann entsteht bei mir schon der Eindruck, dass genau wie M. Scholz mir gegenüber sie keine echten Argumente gegenüber der Aussage der Partei Die Partei anführen kann und daher gleich eine „Diffamierung des Ehrenamtes“ sieht. Bei jemandem, und das ist das, was es so witzig macht, von dem ich weiß, dass er sehr engagiert im Ehrenamt und mit jungen Menschen ist.

Die Argumentation endet dann auch mit einer Implosion der Logik:

„Dass Zielinski in der für „Die Partei“ gewohnten Manier argumentiert und dabei in der Formulierung „überspitzt“ hat, lässt Elli Dickmann nicht gelten. Das sei keine Begründung. „Wenn man sich für das Bürgermeisteramt bewirbt, hat das mit Seriosität zu tun“, findet sie. Der Bogen ist für ihr Empfinden „überspannt“ worden. Auch möchte Elli Dickmann dem Bild, dass Karneval „nur Feiern“ und viel Alkoholkonsum bedeutet, entschieden entgegentreten“

Gerade Karneval ist als historisches Brauchtum immer fest verbunden damit, dass die Menschen feiern und sich, im Guten wie im Schlechten, auch gehen lassen und oft auch gehen lassen dürfen. Genau das ist also ein Widerspruch zu dem, was man von einem Bürgermeister erwartet, der selbst in einer solchen Situation wie einer Karnevalsfeier sich nicht gehen lassen darf.

Ich glaube daher, dass die Äußerungen von Elli Dickmann eher ein Bärendienst für den Bürgermeisterkandidaten Scholz sind. Denn sie liefert eigentlich eher Gründe, warum Scholz eben lieber beim Karneval bleiben sollte, als Bürgermeister zu werden: Es ist nämlich unbestritten, dass er sehr viel für den Voerder Karneval leistet.

Allerdings kann auch Elli Dickmann, wie der gute Herr Stemmer, sich dann doch nicht durchringen, offen vor Martin Scholz zu stehen. Denn der Artikel endet mit dem bemerkenswerten Satz:

„Elli Dickmann betont, dass ihre persönliche Reaktion darauf nichts mit Martin Scholz zu tun habe: „Er ist da völlig außen vor.“

Ich würde mal sagen, abgesehen von den wenigen und oft gleichen Personen, die jeden seiner Beiträge auf Facebook feiern, ist nicht viel Unterstützung zu sehen. Und das meiner Meinung nach auch völlig zu Recht. Denn ich sehe wenig, dass für ihn als Bürgermeister spricht, aber sehr viel das dagegen spricht.

Und ich frage mich, ob ihm klar ist, was das Verlieren der Wahl letztlich für ihn bedeuten wird. Er wird der Karnevalist sein, der davon träumte Bürgermeister zu werden. Und als jemand der überhaupt keinen Grund hat, die Privatperson Martin Scholz nicht zu mögen oder der überhaupt keinen Grund sieht, dessen Arbeit im Ehrenamt gering zu schätzen, denke ich: Schuster, bleib bei Deinem Leisten.

 


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Ein Gedanke zu „Närrisches Treiben: Ist das noch Politik oder schon Karneval?

  1. Meiner Meinung nach bewegt sich der Karnevalsverein zusammen mit seinem Facebook-Fanclub schon im Grenzbereich einer noch zulässigen Beeinflussung der politischen Meinungsbildung. Über die Frage, ob das noch Karneval oder schon Politik ist, muss letztlich das Finanzamt Dinslaken im Hinblick auf Prüfung der Gemeinnützigkeit entscheiden.

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