Sparen! Nur wie?

Sparen! Nur wie?

Auf Tagesschau.de war gestern ein interessanter Artikel zum Geld anlegen und dem Verhalten der Deutschen. Beim Lesen muss man ein bisschen vorsichtig sein, denn die Hauptquelle ist die Allianz, die wiederum mit diversen Anlageprodukten viel Geld verdient.

Aber es steht auch viel Wahres drin. Vor allem, dass viele Deutsche halt durch „Sparen auf dem Sparbuch“ ihr Geld nicht wirklich vermehren können. Allerdings fängt der Artikel auch unterhaltsam an, nämlich indem postuliert wird, jeder Deutsche habe im Schnitt 200.000€ Vermögen, davon 70.000€ liquide und 130.000€ in Immobilien. Das entspricht natürlich nicht der Lebensrealität, denn dann hätten wir auch kein Sparproblem. Es mag mathematisch richtig sein, hilft vielen nur nicht.

Man kann die Ursachen für nicht oder falsch sparen meiner Meinung nach aber gut in 3 Gruppen unterteilen:

 

1) Fehlende Bildung

Es ist nicht so, dass die meisten Menschen bewusst falsch Geld anlegen. Sie wissen es halt nicht besser. Sie bekommen historisch überliefert, dass Lebensversicherungen und Bausparverträge sinnvoll wären. Was sie vielleicht mal für die Kunden waren, heute sind sie es nur noch für die Anbieter.

Man bringt ihnen auch nicht bei, z. B. Rendite und Inflation in Abhängigkeit zu setzen. Habe ich zum Beispiel auf dem Tagesgeld-Konto 3% und 2% Inflation, habe ich halt eine „Rendite“ von 1%. Also praktisch keiner.

Auch zeigt ihnen niemand, wie Risiko-Management funktioniert. Denn Geld anlegen bedeutet nicht nur Aktien oder Sparbuch. Es gibt zahlreiche andere Möglichkeiten Geld anzulegen, man muss nur wissen wie man das ungefähre Risiko ermittelt. Wobei natürlich die Faustregel hilft, dass je höher der erwartete „Zins“ ist, desto höher ist auch das Risiko. Trotzdem gibt es ja nahezu risikofreie Anlagen, Anlagen mit geringen bis mittlerem Risiko und solche mit Hohem – bei denen aber auch die Rendite entsprechend ist.

Was ebenso fehlt ist die Vermittlung des Zinseszins-Effekts. Und warum es oft viel wichtiger ist früh Geld anzulegen und dann regelmäßig, als große Summen weglegen zu können.

Das sind dabei nur die gröbsten Punkte, im Detail geht es natürlich noch viel weiter.

 

2) Fehlende Chancen

Wie der Artikel richtig beschreibt, gehört z. B. an die Börse eher Geld, dass man mit Sicherheit kurz- bis Mittelfristig nicht braucht und dessen Verlust man verschmerzen kann. Gepaart mit dem Eingangsstatement, dass die/der Durchschnittsdeutsche ja gut 200.000€ auf der hohen Kante hat, entsteht ein gewisses Victim-Blaming.

Denn das Problem ist: Es gibt praktisch keinen Mittelstand in Deutschland mehr. Es gibt einige Menschen die Geld anlegen und die Verluste verschmerzen und steuerlich geltend machen können.

Denen gegenüber stehen aber sehr viele und immer mehr werdende Menschen, für die schon die 500€ für eine neue Waschmaschine oder die 1.000€ Reparatur eine ernste finanzieller Herausforderung sind. Und die gar keine Chance haben, großartig zu sparen.

Natürlich kann man jetzt sagen, wenn die schon früh angefangen hätten jeden Monat eine Kleinigkeit zu sparen, hätten sie ein Polster. Aber dazu muss man halt auch früh wissen, das und wie man Geld anlegt und da sind wir wieder bei der fehlenden finanziellen Bildung.

Also Zusammenfassung: Menschen die es sich nicht erlauben können, Geld langfristig zu binden, hilft man nicht wenn man ihnen sagt, dass wenn sie es könnten, alles besser wäre.

3) Falsche Beratung

Helfen könnten natürlich Bank- und Anlageberater*innen und Versicherungsmakler*innen. Dummerweise ist deren Ziel nicht, das Vermögen der Kunden zu maximieren und ihnen finanzielle Bildung zukommen zu lassen. Sondern sie haben harte Ziele an denen sie gemessen werden und die auf ihr eigenes Einkommen Einfluss haben. Und zu solchen Zielen gehören in der Regel Dinge wie Vertragsabschlüsse und Wertigkeit der Verträge. Wobei es dabei darum geht wie viel Geld das Unternehmen verdient.

Man kann ihnen menschlich keinen Vorwurf machen. Sie machen das, wofür sie bezahlt werden. Natürlich könnte man die Moral hinterfragen aber wo fängt man da an und wo hört man auf? Und letztlich muss man ja sagen, dass jede Kundin und jeder Kunde der heute eine Lebensversicherung oder einen Bausparvertrag abschließt, sich selber und besser hätte informieren können und müssen.

Und jetzt?

Eigentlich ist der einzige Weg, Deutsche zu den Sparweltmeistern zu machen der, ihnen unbeeinflußt  Wissen anbieten zu können. Nur wie macht man das? Ich habe hier z. B. ein Buch dazu, an dem ich mitgeschrieben habe. Das leider nur als PDF existiert, weil es keinen Verleger hat.

Dieses Buch ist deswegen sinnvoll, weil die Autorin und ich keine finanziellen Bindungen zu Instituten haben, die Anlageprodukte verkaufen. Es geht also nicht darum zu sagen „nimm Produkt A statt Produkt B“.  Und das ist auch sein größtes Problem:

Es geht dabei um die Vermittlung von Wissen. Man muss also die Zeit und den Willen haben, sich mit einem komplexen Thema zu beschäftigen. Und wer, vor allem von den Menschen die in den unteren Einkommensklassen ja oft richtig schuften müssen, findet dafür die Muße?

Und selbst wenn müsste man dann im Nachgang anfangen, die Produkte auf dem Markt zu suchen und zu bewerten, sich selbst überlegen was man will und welches Risiko man bereit ist einzugehen.

Fast ausgeschlossen.

Helfen könnte natürlich ein/e Anlageberater/in. Die dann aber, so nett sie auch sein mögen, sicherlich von irgendwas leben wollen. Und seien es nur die Provisionen für vermittelte Verträge wie Depots, Sparpläne oder anderes. Wo wir wieder dabei wären, dass das was für sie lohnt eben oft nicht für den Kunden lohnt.

Und so stellen wir ein Mal mehr fest: Es beißt sich die Katze in den Schwanz.

Bevor jetzt übrigens jemand fragt: In der Schule sehe ich das eher am Rande. Wie sollen Lehrer*innen das vermitteln, zwischen all den Dingen die ihren Lehrplan verstopfen. Und vor allem: Wer vermittelt es den Lehrer*innen?

 

Und ja, die Frage wie ich mein Wissen zu dem Thema teilen kann, beschäftigt mich selbst auch schon eine ganze Weile. Weil ich einfach gerne sehen würde, wenn Menschen die viele Sorgen haben, eine weniger haben. Weil sie eben nicht mehr von der Hand in den Mund leben müssen oder zumindest wissen, dass der Start für den Nachwuchs viel besser sein wird, als ihr eigener war. Ich weiß halt nur nicht wie.

 

 


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