Trumpismus im Wahlkampf der Konservativen – weiter geht’s

Trumpismus im Wahlkampf der Konservativen – weiter geht’s

Heute morgen ereilte mich der Spiegel-Newsletter, der als Aufmacher das Wahlprogramm, bzw. den Entwurf, der Union hatte. Und natürlich ist es in etwa so schlimm, wie man sich das vorstellt. Bevor ich hier mit der üblichen Linkschlacht weiter mache, möchte ich daher mal auf einige Passagen aus dem Newsletter eingehen.

„So soll die Steuerbelastung für Unternehmen auf maximal 25 Prozent sinken (…) ebenso die Einkommensgrenze, ab der der Spitzensteuersatz greift. Zudem gibt es einen Plan, den Soli vollständig abzuschaffen.“

Das ist natürlich typisch für die Union und den Lieblingskoalitionär, FDP. Erst mal sicherstellen, dass es den Reichen gut geht. Und das gleich mehrfach, weil das natürlich besonders stark für große Kapitalgesellschaften und ihre Anteilseigner gut ist:

  • Weniger Steuern für die Spitzenverdiener.
  • Weniger Steuern auf Unternehmensgewinne bedeutet, dass mehr Gewinn da ist, der ausgeschüttet wird.
  • Die Steuern auf Kapitalerträge sind angenehm niedrig, das heißt die Empfänger der Ausschüttung freuen sich.
  • Den Soli zahlen nur noch Menschen mit sehr hohem Einkommen. In der Schwarz-Gelben Logik muss das Solidarprinzip, nachdem starke Schultern mehr tragen, dringend abgeschafft werden.

Und natürlich könnten Unternehmen noch mehr Geld verdienen, wenn sie die Lohnkosten herunter bekommen. Dafür brauchen sie aber möglichst viele billige Arbeitskräfte. Kein Problem, auch hier hilft die Union gerne:

„Wer grundsätzlich nicht bereit ist, Arbeit anzunehmen, dem soll die Grundsicherung »komplett gestrichen« werden.“

In der unionschen Logik ist das nur folgerichtig. Denn man will dem Arbeitsmarkt ja weiterhin, gegen jeden Sachverstand, tausende Menschen entziehen, die freiwillig nach Deutschland kommen:

In der Migrationspolitik versprechen Merz und Co. eine harte Linie. Unter anderem will sich die Union für Zurückweisungen an der Grenze und damit für einen »faktischen Aufnahmestopp« starkmachen.

Wobei man hier ja einschränken muss. Ich hatte ja kürzlich erst noch mal zusammengeschrieben, warum ich der Meinung bin, dass gerade die Hektik in Sachen Abschiebungen nach Syrien grundfalsch und gefährlich ist. Was ich nicht im Sinne hatte war, die Menschen nach „gut für uns“ und „weniger gut für uns“ zu klassifizieren. Andere haben damit weniger Probleme, wie z. B. der bayerische Innenminister Herrmann, der sagt:

„Gut integrierte Syrer könnten ohnehin bleiben.“

Quelle abweichend: BR24

Darin verborgen ist ein zutiefst menschenverachtendes Bild, nachdem es bessere und schlechtere Menschen gibt. Das Menschen auf Grundlage von Metriken in Kategorien einsortieren will. Das hatten wir schon mal.

Und schließlich muss der Überwachungsstaat fit gemacht werden. Nicht das am Ende die Armen merken, dass sie gegen die Ärmsten ausgespielt werden. Und sich dann womöglich gegen die Reichen wenden. Insofern ebenfalls aus der Logik der Union her richtig:

„Auch bei der inneren Sicherheit soll generell härter durchgegriffen werden – zum Beispiel mit mehr Möglichkeiten für Ermittler zur Datenanalyse.“

Der Spiegel analysiert meiner Meinung nach die Motivation auch vollkommen richtig:

„Insgesamt trägt das Wahlprogramm somit eine erstaunlich konservative und wirtschaftsliberale Handschrift (…). Offenkundig schielt man auf Wähler von FDP und AfD. Einerseits.“

Allerdings gibt es hier ja zwei miteinander verbundene Effekte, die zur berühmten „die Geister, die ich rief“-Situation führen werden. Denn wenn man Politik der AfD macht, warum sollen die Menschen dann nicht gleich die AfD wählen? All das, Begrenzung der Flüchtlinge und persönlichen Freiheiten, Abschaffung des Existenzminimus, Bevorzugung einer Elite, dürfte so 1:1 auf die Blau-Braunen übertragbar sein.

Das ist umso beknackter, als das wir Wissen, dass gegen Rechts nur zwei Dinge helfen: Bildung und ein solider Sozialstaat. Das Wahlprogramm der Union ist aber eine wunderschöne Kopie des republikanischen Playbooks und eifert wieder dem Trumpismus nach. In der Hoffnung, damit so erfolgreich zu sein, wie man es in den USA war. Wo jetzt gerade das Aufwachen und Wehklagen beginnt.

Zum Trumpismus gehört aber natürlich auch die „Your Body, My Choice“-Politik. Kann man gerade wunderschön in Bayern erleben, wo männlich dominierte Politik gerade den Schwangerschaftsabbruch für Frauen massiv erschwert. Freundliche Grüße von der rechten CSU und den noch rechteren FW.

Was vielleicht noch fehlt, ist ein offener Führerkult. In den USA war der Wahlkampf ja perfekt auf Trump zugeschnitten. In Deutschland wird das Merz sein und ich hatte ja schon den dafür notwendigen Wadenbeißer Spahn angesprochen. Der wohl auch gar keine Probleme hat, dass deutlich anzusprechen.

Wer erklärt Jens Spahn, wie es letztes Mal ausging, als die Deutschen das Bedürfnis nach Führung und jemanden hatten, der ihnen sagt, wo es lang geht?

Claas Gefroi 🎗️ (@claasgefroi.bsky.social) 2024-11-30T14:15:39.541Z

„Jemand, der eine Idee hat“, das ist ja im Wahlprogramm sehr schön ausgeführt. Die Idee eines Staates, der die Eliten stützt, fördert und schützt und das übrige Volk in einen täglichen Überlebenskampf verwickeln möchte, damit sich bloß kein Widerstand regt. Schön ist auch, dass Spahn gar nicht versucht den Eindruck zu erwecken, man habe Antworten auf die Herausforderungen der aktuellen Zeit. Aber man habe eine Idee. Das ist fast so schön wie das große Vorbild selbst: 

Natürlich geht das auch mit einer gewissen Selbstbedienungsmenatlität gegenüber dem Staat einher. Sei es legal in Form von „Beraterverträgen“ wie bei Lindner oder vermutlich illegal wie der neusten Skandal um bestechliche CSU-Politiker. Während man natürlich nicht müde wird uns zu erklären, wir müssten alle den Gürtel enger schnallen. Alle mit Ausnahmen halt.

Weiter oben schrieb ich ja schon, dass ich davon ausgehe, dass die Union am liebsten mit der FDP ins Bett, sorry in den Bundestag möchte. Das glaube ich auch nach wie vor und sehe mich auch ein Stück weit bestätigt, wenn ich zum Beispiel das hier lese:

Die Union will das neue Wahlrecht, in dem Überhangmandate entfallen, wieder kippen. Ein Koalitionsvertrag, der das nicht vorsehe, werde nicht unterschrieben.

Quelle: Zeit

Das hat zwei Ziele:

Erstens ist es eine Giftpille, an der sich SPD und Grüne verschlucken sollen. Beide dürften das nicht zulassen, würden es aber zulassen müssen, wenn sie in eine entsprechende Koalition wollen. Damit wären sie von Anfang an geschwächt.

Das Zweite ist, dass damit der Einfluss der bayerischen Splitterpartei CSU gestärkt werden soll. Im wahrsten Sinne des Wortes: Koste es, was es wolle. Denn die 125 Millionen Euro, die eine Rolle Rückwärts kostet, spart man ja bei Flüchtlingen und Sozialhilfebezieher*innen wieder ein. Achso, noch was zu den Flüchtlingen:

Ihr verfolgt doch sicher das Thema Bezahlkarte? Und Ihr seid doch bestimmt genauso wenig überrascht wie ich, wenn ich Euch sage, dass die Union es in der Diskussion um dieses Thema mit den Fakten nicht ganz so ernst nimmt:

Tauschaktionen in Zusammenhang mit der Bezahlkarte für Geflüchtete sind rechtlich in Ordnung. Das sagt zum Beispiel das bayerische Justizministerium (…) und das sagt gegenüber der Mittelbayerischen Zeitung auch die Regensburger Staatsanwaltschaft – in Übereinstimmung mit der Finanzaufsichtsbehörde BaFin.

Doch Peter Aumer belässt es nicht bei dieser Kritik. Er beharrt allen gegenteiligen Aussagen dazu berufener Behörden zum Trotz darauf, dass die Tauschaktion illegal sei. Das bekräftigt er auch auf Nachfrage unserer Redaktion. „Meine Meinung.“

Quelle: Regensburg-Digital

Da wird dann einfach geltendes Recht ignoriert und eine schlichtweg falsche Position als „Meinung“ deklariert. Das sollten die oben genannten CSU-Politiker vielleicht auch vor Gericht einfach mal versuchen. Tatsächlich ist das ein Skandal und Politiker, die in ihrer Ablehnung von Menschen aus dem Ausland so offensichtlich von den Prinzipien des Staates abweichen, sollten nicht in Amt und Würden sein.

Das es anders geht, zeigt zum Beispiel der Blick von Bayern nach Österreich:

Der Direktor des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl zeigt auf LinkedInn dem Kanzler und dem Innenminister wie man seriös in einer Asylkrise kommuniziert ohne plumpen Kickl-Sprech zu übernehmen. Eine Wohltat.

Florian Klenk 👨🏻‍💻 (@klenkflorian.bsky.social) 2024-12-11T11:20:28.994Z

Das alles ist mal wieder nur die Sammlung der Nachrichten, die in den letzten Tagen meine Aufmerksamkeit erreicht haben. Mit Sicherheit nur die Spitze des Eisbergs im gefährlichen Spiel der Merz-Union, mit dem Playbook der konservativen in den USA und massivem Trumpismus die kommende Bundestagswahl zu gewinnen.

Und man kann alle Menschen in Deutschland, die nicht CIO oder massiv in Aktienmärkte investiert sin, wirklich nur wieder und wieder darauf hinweisen, dass eine Merz geführte Bundesregierung die Ungleichheit in unserem Land massiv verstärken, die kulturelle Kluft massiv vertiefen und den gesellschaftlichen Zusammenhalt massiv gefährden wird.

 


Wenn Du möchtest, kannst Du hier meinen Newsletter abonnieren:

Kommentare sind geschlossen.